Pulverjagd in Romsdalen

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Frühlingshaftes Wetter bei uns in Graz. Trockene Trails. Und ich soll meine Tasche für den tiefsten Winter packen? Anhaltender Schneefall seit 48 Stunden und 1,5m frischer Powder. Das übersteigt aktuell meine Vorstellungskraft. Ich schaue aus dem Fenster auf den Spielplatz, wo sich ein paar Dreijährige in der Sandkiste um das Küberl streiten und stopfe noch ein paar Wollsocken in die Tasche.

Doch nur wenige Stunden später beim nächtlichen Landeanflug auf Molde sehe ich das Schneetreiben mit eigenen Augen. Funkelnde Kristalle die mit 400 km/h dicht vor den kleinen Flugzeugfenstern vorbeizischen haben sogar etwas leicht Gespenstisches an sich. Veilleicht, weil ich mit Schneeflocken sonst eher ein gemütliches, friedliches vom Himmel herabtanzen verbinde.

The trees are our limit

Das Wetter blieb unverändert für die nächsten zwei Tage. Soll heißen: noch mehr Neuschnee. Und die frustrierte Feststellung, dass bei norwegischen Mietautos die Schneeketten nicht automatisch im Kofferraum liegen. Sowie eingeschränkte Fernsicht ob der tief hängenden Wolken, die bei einigen in der Gruppe Zweifel aufkommen ließen, ob es in Romsdalen überhaupt ?richtige? Berge gibt. Mitschuld an der Ungläubigkeit war vermutlich auch die Tatsache, dass wir uns aufgrund der hohen Lawinengefahr anfangs nur bis zur Baumgrenze vorwagten.

Unterhalb der Baumgrenze bedeutet Tree-Runs en masse. Und die waren ein Hit: In Mittelnorwegen wurschtelt man sich nicht durch Latschen und Lärchen, sondern pflügt im satten Powder durch Erlen und Birken. Again and again. Wenn ich muss, dann bin ich auch fix, wenn?s drum geht, beim Ab- und Auffellen immer einen Schi anzubehalten. Und ich musste. Aus der Bindung steigen hätte ein jähes Schrumpfschlumpfrumpfidasein bedeutet.

Doch der dritte Tag bringt uns unseren ersten Gipfelsieg. Der Name des Berges, 1:1 übersetzt: Buttertalberg. Sonne, Panoramablick und noch immer kalt genug, dass der Powder auch Powder bleibt. Ein fast jungfräulicher Gipfelhang (der so lang war, dass ich Verschnaufpausen einlegen musste) mit Fjordblick. Dank Rene besitzt jetzt auch jeder aus unserer Gruppe sein persönliches Abfahrts-Actionbild. Heidi Klum ? du kannst deine Fotos behalten, wir haben unsere eigenen und die sind viel besser.

Midweek ? Kulturinput. Wie es halt immer wieder mal passiert, nach einer längeren Niederschlagsperiode kommt die Sonne zurück und mit ihr auch der Wind. In der Nacht hätte er uns fast die Hütte auseinander genommen, am darauffolgenden Morgen sahen wir die Fahnen von den Gipfeln und Graten wehen. Schade um den schönen Pulver! Da kann man natürlich die Alternativprogramm-Karte ziehen und einen Tag in Ålesund verbringen. Auch schön. Vor allem, wenn man Jugendstil-Fassaden und große Schiffe mag. Und alte Freunde besuchen kann.

Essen. Skitour. Essen.

Zur Verdauung vielleicht ein schnelles Kartenspiel. Schlafen. Renate Soleim kocht so fantastisch, dass ich jetzt Muffintop und Bingo-Wings besitze. Klingt unterhaltsam, heißt aber in Wahrheit, dass ich die nächsten Wochen noch kräftig an den kulinarischen Erinnerungen zu arbeiten habe. Das nächste Mal weniger auf den Teller packen? Ha, wenn das so leicht wäre!

Kalorienausgleich auf Tour? War bei mir nicht ausreichend, doch die Lachfältchen haben zugenommen. Guide Tommy Soleim weiß immer, welches Seitental gerade windstill ist und wo man noch Powder finden kann. Wenn der Preis für einen jungfräulichen Hang der war, dass wir danach einen kleinen Bach-Canyon entlang wieder aus dem Tal heraus mussten, dann nahmen wir das gerne in Kauf.

Insgesamt fühle ich mich bei den beiden richtig gut aufgehoben und vor allem auch aufgenommen. Nicht wie ein Gast in einer Pension. Sondern wie ein Freund im Wohnzimmer des Gastgebers. Viel zu schnell vergeht die Zeit wenn es gerade am Schönsten ist.

Nur wer nach Hause kommt, kann neue Abenteuer beginnen

Der Rückflug von Molde nach Oslo ging im Morgengrauen. Schneeberge die im Meer versinken im zartorangen Licht der aufgehenden Sonne. Warum genau fahren wir eigentlich wieder nach Hause? Eine Woche im Land of Plenty ist nicht genug.

Auch wenn sich ca 80 Stück Kvikk Lunsj auf Tasche und Schisack verteilen, mitnehmen lässt sich mein persönliches Paradies leider nicht. In Oslo gibt der Winter nochmals eine letzte Vorstellung mit heftigem Schneetreiben. Dann in Wien: Sonne, 10°C und die obligate Frage in der WhatsApp Gruppe: ?Heute Nachmittag ein schnelles Bikerl??

Der After-Urlaubs-Blues erwischt mich volle Breitseite. Und wieder einmal schwöre ich mir: Irgendwann blei i dann dort. Bis es soweit ist, setze ich schon einmal das entsprechende Hintergrundbild auf Handy und PC. Vielleicht auch noch ein klitzekleines Foto per Mail an die Kollegen im Büro? Ich will einfach aller Welt erzählen wie schön es war und die Erinnerungen lebendig halten.